Als Beweismittel im Zivilverfahren kann sich eine SMS anbieten. Eine SMS ist eine elektronische Datei, die Urkundenqualität im Sinne von Artikel 177 Zivilprozessordnung (ZPO) hat. Sie kann als Original, als Kopie oder als Papierausdruck eingereicht werden. Die Beweislast für die Echtheit einer SMS trägt die Partei, welche sich darauf beruft. Auch hier ist der Echtheitsbeweis aber nur nötig, wenn die Gegenpartei konkrete Umstände darlegt, welche beim Gericht ernsthafte Zweifel an der Authentizität wecken (Art. 178 ZPO).
Der Beweiswert einer SMS unterliegt der freien Beweiswürdigung durch den Richter. Der Unterschied zwischen Original und Kopie ist bei elektronischen Urkunden tendenziell irrelevant. Entscheidend ist, ob eine eingereichte Datei die unveränderten ursprünglichen Daten enthält. Im Unterschied zur E-Mail kann eine Manipulation einer SMS aber in der Regel weder nachgewiesen noch strikt ausgeschlossen werden, weil die entsprechende Sicherheitssoftware fehlt.
Echtheitsbeweis schon bei geringen Zweifeln nötig
Nach Artikel 178 ZPO dürfte aufgrund dieser Manipulationsmöglichkeiten aber nicht generell ein Echtheitsbeweis verlangt werden. Vielmehr müsste die Gegenpartei auch hier konkrete Zweifel glaubhaft machen, die über allgemeine Sicherheitsbedenken hinausgehen. Immerhin dürfte es angezeigt sein, dass das Gericht im Falle von SMS schon bei geringen Zweifeln weitere Abklärungen trifft.
Die Provider müssen Telefonnummern von Absender und Empfänger und die Versand-Zeit aufzeichnen und während mindestens sechs Monaten aufbewahren (Art. 5 Abs. 1 und 2 Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs). Bei Bedarf ist also zumindest feststellbar, ob und wann eine SMS von einem bestimmten Anschluss an eine andere Nummer versendet wurde.
Für den Text einer SMS besteht keine Aufzeichnungspflicht. Falls der Provider diesen trotzdem und ohne Zustimmung des Kunden aufgezeichnet hat (Art. 4 Abs. 4 Datenschutz-Gesetz), kommt im Zivilverfahren das beschränkte Verwertungsgebot gemäss Artikel 152 Absatz 2 ZPO für rechtswidrig beschaffte Beweise zum Zug. Eine Verwertung ist nur zulässig, wenn das Interesse an der Wahrheitsfindung das «Schutzinteresse des Rechtsgutes, das bei der Beweismittelbeschaffung verletzt wurde», überwiegt (Botschaft zur ZPO, 7312). Dabei ist nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung insbesondere des Streitwerts zu entscheiden.
Im Anschluss folgt die ausführliche Fassung einschliesslich Quellenangaben des obenstehenden Beitrags.
SMS als Beweismittel im Zivilverfahren
1. Allgemeines zu SMS als Beweismittel
Die Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) bezeichnet in ihrem Artikel 177 sämtliche Dokumente als Urkunden, welche geeignet sind, rechtserhebliche Tatsachen zu beweisen. Darunter fallen namentlich Schriftstücke, Zeichnungen, Pläne, Fotos, Filme, Tonaufzeichnungen und elektronische Dateien. Die Beweiseignung genügt, eine Beweisbestimmung ist im Unterschied zur strafrechtlicher Urkunde nicht Begriffselement (BSK-ZPO, Artikel 177 N. 1). Für die Beweiseignung kommt es - wie schon in den bisherigen kantonalen Zivilprozessordnungen - nicht auf die konkrete, sondern auf die abstrakte Eignung zum Beweis an, d.h. die Urkunde muss aufgrund ihrer Natur zum Beweis irgendwelcher Tatsachen geeignet sein, welche rechtlich erheb-lich sein könnten (BSK-ZPO, Artikel 177 N. 3). Oder anders ausgedrückt: Beweisrechtlich ist einzig die Eignung als Erkenntnisquelle relevant (Botschaft zur ZPO, 7322).
Eine SMS-Nachricht, welche auf dem internen Speicher eines Mobiltelefons, auf einer SIM-Karte oder auf einem anderen Datenträger gespeichert ist, stellt - wie auch eine E-Mail-Nachricht, die auf einer Festplatte, DVD etc. abgelegt ist - eine elektronische Datei dar. Sie ist wie jedes andere elektronische Dokument grundsätzlich geeignet, potenziell rechtserhebliche Tatsachen kund zu tun und hat damit Urkundenqualität im Sinne von Artikel 177 ZPO.
2. Einreichung
Urkunden können gemäss Artikel 180 Absatz 1 ZPO wahlweise im Original oder in Kopie einge-reicht werden. Reicht eine Partei eine Kopie ein, hat die Gegenpartei indessen dann (und nur dann) einen Anspruch auf Einreichung des Originals oder einer beglaubigten Kopie, wenn die Echtheit der Urkunde substantiiert bestritten wird, d.h. sie muss Tatsachen glaubhaft machen, welche Zweifel an der Authentizität zu erwecken vermögen (BSK-ZPO, Artikel 180 N. 7; vgl. zur Beweislast unten III.). Ebenfalls kann das Gericht - wenn es Zweifel an der Echtheit hat - von sich aus die Einreichung des Originals oder einer beglaubigten Kopie verlangen (Artikel 180 Absatz 1 ZPO).
Eine SMS kann demnach entweder als Kopie auf einem Datenträger bzw. auf dem Empfänger-gerät oder als Original auf dem Absendergerät eingereicht werden (zum Verhältnis Original / Kopie vgl. unten III.). Alternativ ist eine Eingabe in Papierform bei elektronischen Urkunden möglich (BSK-ZPO, Artikel 177 N. 10), wobei im Falle einer SMS normalerweise die Übertragung einer Kopie auf einen Computer mit anschliessendem Ausdruck vonnöten wäre.
3. Beweislast und Beweiswert
Die Beweislast für die Echtheit einer SMS trägt nach der allgemeinen Regel von Artikel 8 Zivil-gesetzbuch (ZGB) die Partei, welche sich darauf beruft. Indessen hat der Gesetzgeber klar festgehalten, dass sich die Gegenpartei (auch bei elektronischen Urkunden) nicht auf eine pauschale Bestreitung der Echtheit beschränken darf, sondern konkrete Umstände darzutun hat, welche beim Gericht ernsthafte Zweifel an der Authentizität wecken; nur wenn der Gegenpartei Letzteres gelingt, muss die erste Partei den Echtheitsbeweis antreten (Artikel 178 ZPO; Bot-schaft zur ZPO, 7322).
Der Beweiswert einer SMS und jedes anderen elektronischen Dokuments unterliegt wie bei nicht-elektronischen Urkunden der freien Beweiswürdigung durch den Richter und zwar unabhängig davon, ob es sich bei der eingereichten Urkunde um das Original oder eine Kopie handelt (Botschaft zur ZPO, 7323). Dies gilt ebenfalls im Falle der Einreichung eines Ausdrucks einer SMS (BSK-ZPO, Artikel 180 N. 9).
Zu beachten ist, dass es sich sowohl bei der SMS auf dem Gerät des Absenders als auch bei jener auf dem Telefon der Empfängerin (wie übrigens auch bei E-Mail-Nachrichten) bei streng technischer Betrachtung um eine Kopie und nicht um ein «Original» handelt, da die eingetippte Nachricht als Datenstrom über das Mobilnetz an das Empfängergerät übermittelt und sowohl beim Empfänger als auch beim Absender eine «Kopie» davon auf dem Handyspeicher abgelegt wird. Dennoch darf davon ausgegangen werden, dass die Datei auf dem internen Speicher des Geräts des Absenders (allenfalls auf einer Speicherkarte, falls die Nachricht direkt dorthin an-statt auf den internen Speicher geschrieben wird) grundsätzlich als Original im Sinne von Artikel 180 ZPO zu gelten hat, da sie die unmittelbare Aufzeichnung der tatsächlich abgesendete Nachricht enthält. Demgegenüber kann es sich bei der Datei auf dem Empfängergerät nur um eine Kopie handeln, da es sich um eine Aufzeichnung des empfangenen Datenstroms handelt.
Der Unterschied zwischen Original und Kopie ist indessen bei elektronischen Urkunden ohnehin tendenziell irrelevant, da es letztlich ausschliesslich um die Frage geht, ob eine eingereichte Datei die unveränderten ursprünglichen Daten enthält; diese stellt sich bei «Originalen» genauso wie bei Kopien. Die Fälschungssicherheit hat nämlich bei elektronischen Dokumenten im Vergleich zu Papierdokumenten einen ungleich höheren Stellenwert, ist es doch insbesondere bei elektronisch gespeicherten Texten, wozu namentlich SMS gehören, mit den geeigneten technischen Mitteln ohne Weiteres möglich, den Inhalt einer Datei zu verändern, ohne dass dies für den Betrachter sichtbar wird. Während eine Fälschung eines Papierdokuments, sei sie noch so gekonnt durchgeführt, immer Spuren hinterlässt, ist dies bei gewöhnlichen elektronischen Dokumenten nicht der Fall, weshalb es besonderer technischer Massnahmen bedarf, um die nachträgliche Manipulation einer Datei auszuschliessen. Letztere Möglichkeiten sind bei her-kömmlichen Mobiltelefonen - im Unterschied zu EDV-Anlagen - in Ermangelung entsprechen-der Sicherheitssoftware (Timestamping, Signaturen, Verschlüsselung etc.; vgl. Artikel 9 der Ge-schäftsbücherverordnung, SR 221.431) nicht vorhanden, weshalb eine Manipulation der SMS-Datei auf dem Mobilfunk-Gerät - im Gegensatz zur Manipulation einer E-Mail auf einem Com-puter, welcher mit entsprechender Sicherheitssoftware ausgerüstet ist - in der Regel nicht nachgewiesen und umgekehrt eine solche nicht strikt ausgeschlossen werden könnte. Nach der oben dargestellten Regelung von Artikel 178 ZPO wird allerdings nicht generell davon ausgegangen werden müssen, dass aufgrund der technischen Manipulationsmöglichkeiten generell Zweifel an der Echtheit von SMS bestehen, welche die sich auf die SMS berufende Partei zum Nachweis der Echtheit verpflichten würde. Vielmehr wird auch hier zu verlangen sein, dass die Gegenpartei konkrete Zweifel glaubhaft macht, welche über allgemeine Sicherheitsbedenken hinausgehen. Immerhin dürfte es aufgrund der technischen Natur der Sache angezeigt sein, dass das Gericht im Falle von SMS schon bei vergleichsweise geringen Zweifeln weitere Abklärungen trifft.
4. Provider-Daten
In letzterem Zusammenhang ist weiter zu beachten, dass die Mobilfunkanbieter (Provider) ge-mäss Artikel 5 Absatz 1 BÜPF eine Pflicht zur Protokollierung der sogenannten Randdaten von SMS-Kommunikationen haben. Dies bedeutet, dass die Provider verpflichtet sind, Telefonnummer von Absender und Empfänger sowie die Zeit des Versands der SMS-Nachricht aufzuzeichnen. Die Daten sind während sechs Monaten aufzubewahren (Artikel 5 Absatz 2 BÜPF). Somit könnten im Bedarfsfall die erwähnten Randdaten einer SMS-Nachricht vom Provider erhältlich gemacht werden und es kann zumindest verifiziert werden, ob und wann eine SMS-Nachricht von einem bestimmten Anschluss an eine andere Nummer versendet wurde. Diese Daten las-sen sich sowohl im Rahmen der Glaubhaftmachung von Zweifeln an der Echtheit einer eingereichten SMS als auch zum Nachweis der Echtheit der SMS heranziehen.
Indessen bezieht sich diese Pflicht zur Aufzeichnung und Aufbewahrung nicht auch auf den eigentlichen Inhalt, d.h. den Nachrichtentext der SMS-Kommunikation. Falls der Inhalt trotzdem «freiwillig» durch den Provider aufgezeichnet wurde, stellt sich die Frage der Verwertbarkeit der entsprechenden elektronischen Urkunde. Im Strafverfahren ist eine Verwendung von Telekom-munikations-Inhalten, welche ohne Grundlage in Artikel 5 Bundesgesetz betreffend die Über-wachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) aufgezeichnet wurden, entsprechend dem Legalitätsprinzip ausgeschlossen (Thomas Hansjakob, ZStR 2002, 271). Im Zivilverfahren, für welches das BÜPF nicht direkt anwendbar ist, besteht demgegenüber gemäss Artikel 152 Absatz 2 ZPO ein beschränktes Verwertungsverbot für rechtswidrig beschaffte Beweise. Eine Verwertung solcher Beweismittel ist immerhin dann zulässig, wenn das Interesse an der Wahr-heitsfindung das «Schutzinteresse des Rechtsgutes, das bei der Beweismittelbeschaffung verletzt wurde», überwiegt (Botschaft zur ZPO, 7312). Allerdings ist zu beachten, dass das BÜPF die Aufzeichnung von SMS-Inhalten nicht ausdrücklich verbietet, sondern lediglich keine ent-sprechende Pflicht statuiert. Dementsprechend kann die Rechtswidrigkeit nicht aus dem BÜPF hergeleitet werden, wohl aber etwa dann vorliegen, wenn eine Datenbeschaffung nach Artikel 4 Absatz 4 Datenschutzgesetz (DSG) stattgefunden hat, d.h. wenn der Kunden der Speicherung der SMS-Nachrichten nicht zugestimmt hat. In diesem Fall wäre die oben erwähnte Abwägung vorzunehmen, wobei nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung insbesondere des Streitwerts zu entscheiden ist (BSK-ZPO, Artikel 152 N. 13).
5. Fazit
SMS-Nachrichten gelten nach der Schweizerischen ZPO als elektronische Urkunden und sind als solche als Beweismittel zulässig. Indessen wirft die Verwendung von SMS als Beweismittel in einem Zivilverfahren aufgrund der mangelnden Fälschungssicherheit des Mediums besondere Beweisprobleme auf und stellt hohe Anforderungen an die Sorgfalt und die technische Kom-petenz der Gerichte. Diese Probleme können durch den Beizug von Provider-Daten teilweise, oftmals aber wohl nicht vollständig, gelöst werden.
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