«Ich habe schon lange keine juristische Literatur mehr gelesen», gesteht Atilay Ileri, 81. Der Zürcher Anwalt spezialisierte sich schon ab den 1970er-­Jahren als Geschädigtenvertreter im Haftpflichtrecht, inklusive Arzthaftung. Er war Mitbegründer der schweizerischen Patientenstelle sowie der Anlauf­stelle Fragile Suisse.

Heute frönt Ileri einer anderen Hauptbeschäftigung: dem Olivenöl. Vor Jahrzehnten absolvierte er an der ­Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften eine Ausbildung zum Sensoriker und kaufte im türkischen Ephesos einen Olivenhain. Er bewirtschaftet seither rund 70 Hektar Land mit 20'000 Bäumen.

Ileri machte die Erfahrung, dass Händler «gutes Olivenöl verschmähen». Die Massenware aus dem Supermarkt könne trotz Deklaration gar nicht «extra vergine» sein, also aus der ersten, kaltgepressten Ernte stammen. Doch im Labor könne man der ­«Olivenöl-Mafia» nichts nachweisen. Man schmecke den Unterschied zu echtem «extra vergine» nur im Gaumen. «Extra vergine»-Öl müsse zuerst wie frisch geschnittenes Gras riechen, dann im Gaumen eine harmonische Bitterkeit hinterlassen und zum Schluss im Hals eine angenehme Schärfe verbreiten.

In der Schweiz trifft sich Ileri immer noch regel­mässig mit alten Kollegen und setzt sich weiterhin mit der Juristerei auseinander. «Die Arbeit der ­Geschädigtenanwälte ist heute nicht mehr dieselbe.» Früher habe man mit den Versicherungen noch faire Vergleiche erzielen können, erinnert er sich: «Doch Versicherungen sind viel härter geworden.»

Die ­Zivilprozessordnung habe aufseiten der Geschädigten für abschreckend hohe Vorschüsse gesorgt. Und bis zu einem Urteil dauere es 20 Jahre. «Die ­Gerichte unterstützen diese Zermürbungstaktik noch», kritisiert Ileri. Auch daher geniesse er lieber das Leben mit seiner Familie. Ein Vierteljahr verbringt er in Ephesos, den Rest in Zürich und im bündnerischen Obersaxen.