Die ehemalige Berner Rechtsanwältin und Nationalratspräsidentin Gret Haller bezeichnet sich auch ­heute noch als Politikerin, «aber mittlerweile ohne ­öffentliches Amt». Zusammen mit anderen Mitgliedern der SP gründete sie vergangenes Jahr eine gesamtschweizerische SP-Sektion «EU». Diese zählt zurzeit 62 Mitglieder. Die Statuten sehen vor, dass sich Mitglieder vorbehaltlos für den EU-Beitritt der Schweiz einsetzen und von der eigenen Partei ein konse­quentes Engagement für die Erreichung dieses Ziels ­verlangen (siehe www.sp-ps-section.eu). Mitglied können alle werden, die nicht einer anderen schweizerischen Partei angehören, also auch Parteilose.

Die 73-Jährige engagiert sich resolut für den EU-Beitritt des Landes. Grund: «Die Schweiz profitiert heute zu ihrem eigenen Vorteil weitestgehend vom EU-Recht – aber sie kann über den Inhalt dieses Rechts nicht mitentscheiden.» Diese Situation wecke bei ihr Erinnerungen an die Situation der Schweizer Frauen vor 1971, als diese dem schweizerischen Recht unterworfen waren, über das sie nicht mitentscheiden konnten.

Der Einsatz für die Menschenrechte gehört zu den Konstanten in Gret Hallers Laufbahn. 1972 doktorierte sie zu den Uno-Menschenrechtspakten und der rechtlichen Stellung der Frau in der Schweiz. 1975 bis 1977 war sie nach dem Inkrafttreten der Euro­päischen Menschenrechtskonvention die erste ­Sachbearbeiterin für diese Konvention im EJPD. Später war die heute 73-jährige Rechtsanwältin in verschiedenen politischen Funktionen tätig. Von 1985 bis 1988 gehörte sie der Berner Stadtregierung an, von 1987 bis 1994 war sie Nationalrätin, 1994 Nationalratspräsidentin. Nach verschiedenen Funk­tionen im Europarat wurde Haller 1995 von der ­Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zur Bosnischen Ombudsfrau für Menschenrechte ­ernannt und arbeitete bis zum Jahr 2000 in Sarajevo.