Hans Vest war zeitlebens ein Stadtmensch. Seit drei Jahren ist dies anders. Kurz bevor er als Ordinarius für Strafrecht, Völkerstrafrecht und Rechtstheorie an der Universität Bern emeritiert wurde, zog er von ­Basel in ein Haus im nahegelegenen, aber wesentlich beschaulicheren Riehen BS. Sein Eigenheim liegt am Hang, mitten im Grünen. Die Gartenarbeit fordert ­den 65-jährigen Juristen und leidenschaftlichen Bergsportler. Doch er betont, lediglich fürs «Grobe» zuständig zu sein. «Dass es hier so prächtig blüht, ist meiner Frau zu verdanken.» 

Wer nun aber glaubt, Vest habe die Juristerei hinter sich gelassen und sich ganz in die Abgeschiedenheit zurückgezogen, sieht sich getäuscht. In seinem von Bücherwänden geprägten Arbeitszimmer verfasst er zum Beispiel Beiträge für Strafrechtskommentare – «zu jenen StGB-Artikeln, die sonst niemand ­kommentieren will», sagt er scherzhaft. Vest meint ­damit unter anderem die wenigen und kaum je ­angewendeten Bestimmungen zum Völkerstrafrecht. 

Dieses wurde Mitte der 1990er-Jahre zu einer Art ­Steckenpferd. Als Strafrechtsprofessor brachte er dieses «Orchideenfach» an der Universität Bern ­den Masterstudenten näher. «Ich habe allgemein ­versucht, in der deutschsprachigen Universitäts­landschaft das Interesse für das Völkerstrafrecht zu ­forcieren», sagt Vest. 

Dass ihm dies nicht im gewünschten Ausmass ­gelungen sei, war mit ein Grund dafür, dass er sich bereits mit 63 Jahren emeritieren liess. Abhandlungen über völkerstrafrechtliche Fragestellungen verfasst Vest aber noch immer. Aufgrund des überschaubaren Interesses in der Schweiz vornehmlich auch für die deutsche Fachwelt. Mit dem grossen Nachbarland pflegt Vest ohnehin einen engen Austausch: Haus und Garten befinden sich im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet. Und einer seiner Lieblingsgasthöfe liegt im angrenzenden Weil am Rhein – nur einen Verdauungsspaziergang entfernt.