Staats- und Verwaltungsrecht
Die auf 18 Monate erhöhte Maximaldauer für eine Ausschaffungshaft (Art. 13b Abs. 2 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAG], in Kraft seit 1. Januar 2007) darf auch auf Personen angewendet werden, bei denen die Haft noch altrechtlich angeordnet, indessen nach dem 1. Januar 2007 verlängert wurde.
(2C_1/2007 vom 5. Februar 2007)
Gemeinden können im Rahmen der Erteilung einer Baubewilligung für eine Mobilfunkanlage keine Auflagen oder Bedingungen verfügen, die über die Anforderungen der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) hinausgehen. Die Gemeinde Zermatt hat für die Erteilung der Bewilligung einer Anlage der Swisscom zu Unrecht ein Gesamtkonzept der übrigen Mobilfunk-Anbieter verlangt.
(1A.129/2006 vom 10. Januar 2007)
Suizidwillige und Sterbehilfeorganisationen haben keinen Anspruch darauf, das verschreibungspflichtige, tödlich wirkende Mittel Natrium-Pentobarbital ohne Rezept zu beziehen. Ärzten soll es jedoch in Ausnahmefällen erlaubt sein, das Mittel auch an psychisch kranke Menschen zu verschreiben. Entgegen anderslautender Pressemeldungen hat das Bundesgericht kein «Grundrecht auf ärztliche Suizidhilfe bei psychisch Kranken» bejaht.
(2A.48/2006 vom 3. November 2006)
Der Bau von Mobilfunkanlagen auf Strommasten untersteht kantonalem (Baubewilligungs-)Recht, das Bundesamt für Energie ist nicht zuständig.
(1A.12/2006 vom 5. Januar 2007)
Der Beschluss des Glarner Landrats (Kantonsparlament) über die Reduktion des Jahresgehalts der vollamtlichen Gerichtspräsidenten wird aufgehoben, weil entgegen der Regelung in der Kantonsverfassung keine zweite Lesung durchgeführt wurde.
(2P.137/2006 vom 23. Januar 2007)
Die Schweiz darf ein Mitglied der kurdischen Arbeiterpartei PKK an die Türkei ausliefern, sofern die Türkei ausreichende Menschenrechtsgarantien abgibt. Berichte über Menschenrechtsverletzungen durch die Türkei sind zwar ernst zu nehmen, können aber kein absolutes Hindernis für eine Auslieferung darstellen.
(1A.181/2006 vom 23. Januar 2007)
Einer auf Kaution aus der Untersuchungshaft entlassenen Person darf der Pass oder die Identitätskarte abgenommen werden, um eine Flucht zu verhindern. Die Pass- oder Schriftensperre ist auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage zulässig, da sie die persönliche Freiheit des Betroffenen weniger beschränkt als die Aufrechterhaltung der U-Haft.
(1S.31/2006 vom 3. Januar 2007)
Zivilrecht
Von einem Elternteil in die Schweiz entführte Kinder müssen vom Richter im Rahmen des Rückführungsverfahrens erst ab einem Alter von elf bis zwölf Jahren angehört werden. Jüngere Kinder sind nicht in der Lage, die spezielle Problematik des Rückführungsentscheides zu begreifen, insbesondere, dass es dabei nicht um die Zuteilung der elterlichen Sorge geht.
(5P.3/2007 vom 13. Februar 2007)
Der Vater der Tennisspielerin Patty Schnyder hat einen Anspruch auf Gewinnherausgabe (Art. 28a Abs. 3 Zivilgesetzbuch) gegen den «Sonntagsblick» wegen persönlichkeitsverletzender Artikel. Für die Bejahung eines Gewinns ist keine Auflagensteigerung erforderlich. Der Gewinn kann im Halten der Auflage bestehen und ist vom Richter auf der Basis von Eckdaten (Umsatz, Auflage- und Leserzahlen) zu schätzen.
(5C.66/2006 vom 7. Dezember 2006)
Wertpapierhändler müssen im Rahmen ihrer Informationspflicht gemäss Art. 11 Börsengesetz beim Kunden im Normalfall keine Suitability-Prüfung durchführen, also abklären, ob ein bestimmtes Finanzprodukt für ihn geeignet ist. Es genügt eine standardisierte Aufklärung über die Risiken der konkreten Geschäftsart.
(4C.270/2006 vom 4. Januar 2007)
Entscheide des nur aus einer Person bestehenden Verwaltungsrates bedürfen für ihre Gültigkeit keiner formellen Sitzung. Das Fehlen eines Protokolls hat keine Nichtigkeit des Beschlusses des Verwaltungsrats zur Folge.
(4C.347/2006 vom 16. Januar 2007)
Strafrecht
Im Fall eines Autounfalls in Muri (AG) hat das Bundesgericht entschieden, dass dem überholten Fahrzeuglenker – er hatte einen Überholenden nicht einbiegen lassen, worauf dieser frontal mit einem Dritten kollidierte (zwei Tote) – keine eventualvorsätzliche Tötung angelastet werden kann. Der Kassationshof mahnt, bei den Strassenverkehrsdelikten nicht ohne weiteres auf Vorsatz zu erkennen.
(6S.280/2006 vom 21. Januar 2007)
Erachtet das Bundesstrafgericht eine Anklage der Bundesanwaltschaft als mangelhaft, muss sie dieser Gelegenheit zur Ergänzung geben (so auch vorgesehen im Entwurf zur vereinheitlichten Strafprozessordnung). Ein blosser Nichteintretensentscheid im Endurteil mit dem Verweis auf die Möglichkeit der Wiedereinbringung ist nicht bundesrechtskonform.
(6S.150/2006 vom 21. Dezember 2006)
Das Befahren des Pannenstreifens, um an einer Kolonne vorbei zur nächsten Autobahnausfahrt zu gelangen, gilt als Rechtsüberholen sowie als unbefugtes Nutzen des Pannenstreifens (Art. 36 Abs. 3 Verkehrsregelnverordnung). Es liegt eine mittelschwere Verletzung der Verkehrsregeln vor (Art. 16b Abs. 1 Bst. a Strassenverkehrsgesetz (SVG), Mindest-Ausweisentzugsdauer ein Monat).
(6A.53/2006 vom 11. Januar 2007)
Sozialversicherungsrecht
Zum Nachweis der Wirksamkeit einer medizinischen Behandlung (Art. 32 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung [KVG], in casu ein zahnärztliches Implantat) ist am Erfordernis von wissenschaftlichen Studien festzuhalten. Eine individualisierte Betrachtungsweise im Sinne einer nachträglichen Erfolgskontrolle kann nicht ausschlaggebend sein.
(K 84/06 vom 11. Dezember 2006)
Das EVG legt das Vorgehen zur Festlegung des Referenztarifs fest (KVG), wenn eine stationäre Behandlung aus nichtmedizinischen Gründen in einem Spital ausserhalb des Wohnkantons durchgeführt wird.
(K 144/05 vom 20. Dezember 2006)
(PJ)