«Den grösseren Teil des Tages verbringe ich in der Kanzlei», sagt Tobias Jaag. Der heute 69-Jährige ist seit 1981 als Rechtsanwalt und Konsulent bei Umbricht Rechtsanwälte in Zürich tätig. In erster Linie war Jaag aber Professor: Er lehrte von 1990 bis 2013 an der Universität Zürich Staats- und Verwaltungsrecht sowie Europarecht. Von 1985 bis 1998 war er zudem Ersatzrichter, zeitweise auch nebenamtlicher Richter am Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. «Die parallele Tätigkeit als Anwalt und Richter hatte etwas Faszinierendes. Als Richter lernt man das juristische Geschäft von einer anderen Seite kennen. Das ist für die anwaltliche Tätigkeit nützlich.» 

Das Pensum in der Anwaltskanzlei ist mittlerweile nicht mehr so gross wie früher. Als Konsulent erstellt Jaag insbesondere Gutachten und berät Klienten und interne Mitarbeiter. Forensisch ist Jaag fast nicht ­tätig, aber immer noch als Autor und Herausgeber rechtswissenschaftlicher Publikationen. Anfang Jahr gab er beispielsweise die Neuauflage eines Buchs zur Staats- und Beamtenhaftung heraus. Ausserdem arbeitet er zurzeit mit Kollegen an Kommentaren zum Zürcher Gemeindegesetz und zum Zürcher Polizei­gesetz. Als Präsident der Rekurskommission der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich übt er auch richterliche Funktionen aus. 

Jaag interessierte sich früh für öffentliches Recht, weil es «nahe bei der Politik liegt». Deshalb habe er bereits als Student lieber öffentlichrechtliche als ­andere Vorlesungen besucht. «Diesen Bezug des ­öffentlichen Rechts zu aktuellen politischen Themen finde ich nach wie vor spannend.»

Einige Entwicklungen in der Schweiz verfolgt er ­besorgt, so etwa die Annahme der Massenein­wanderungsinitiative. Aber: «Es ist das Risiko der ­Demokratie, dass Abstimmungen anders herauskommen, als man es sich wünscht.» Schaue man auf ­andere Länder wie die Türkei, könne man mit dem Schweizer System grundsätzlich zufrieden sein.