Die Ausgestaltung der Anwaltsprüfung sei realitätsfern und zu stark auf die Wirtschaft ausgerichtet. Dies kritisierten die Demokra­tischen Juristinnen und Juristen Zürich (DJZ) vor vier Jahren (plä­doyer 5/2021). Das Obergericht Zürich hat nun zwar nicht den Prüfungsstoff angepasst. Doch seit Anfang Jahr führt es die schriftlichen Anwaltsprüfungen anonym durch. Dies war eine der Forderungen der DJZ, um zu garantieren, dass bei keinen Experten ein «Anschein von Befangenheit» aufkommen kann.

Wer die Prüfung ablegen will, kann gegen einzelne Experten bei der Anmeldung Ausstandgründe geltend machen. Gemäss Marc Bodenmann, Mediensprecher des Obergerichts, werden umgekehrt die Listen der zur Prüfung Angemeldeten den Experten vorgelegt, damit diese auch selbst ­darüber entscheiden können, allenfalls in Ausstand zu treten. Für Kandidaten mit sprachlichen Handicaps gibt es Erleichterungen. Wer Deutsch nicht als Muttersprache spricht, darf auf der Prüfung einen Vermerk anbringen. Und Legastheniker können einen Nachteils­ausgleich beantragen.

Auch andere grössere Kantone nehmen die schriftliche Anwaltsprüfung anonym ab, etwa Aargau, Bern und St. Gallen. Sprachliche Nachteile werden in den Kantonen auf unterschiedliche Weise ­berücksichtigt.